»Unsere christliche Identität wäre in Gefahr, wenn wir den Flüchtlingen nicht helfen würden.«
(Kardinal Marx)
Not steht gegen Angst
Da stehen zwei Aussagen:
Einmal die Feststellung, dass wir als Christen dem Anderen helfen, weil dies Teil unserer eigenen Identität ist.
Zum anderen sind da die Zahlen, vor denen viele erschrecken, die Bilder, die auch erschrecken, weil die Flüchtlingsströme uns so viele Menschen bringen. Fremde, mit anderen Sprachen und Kulturen, zum Teil anderen Religionen.
»Wie soll das gehen?« fragen Viele.
Andere meinen, es kann nicht funktionieren, die Unterschiede seien zu groß.
Die Sorgen vieler Menschen angesichts der hohen Zahl an Hilfesuchenden und den damit verbundenen Herkules-Aufgaben der Unterbringung und Versorgung, sowie der wahren Integration in unsere Gesellschaft, sind nur allzu nachvollziehbar. Flüchtlingshilfe als menschliche Antwort.
Als Antwort auf diese scheinbaren Widersprüche formierte sich seit Ende 2014, unterstützt und begleitet durch die Hauptamtlichen der Pfarrgemeinde St. Josef und des Caritasverbandes Moers – Xanten e.V., eine Gruppe ehrenamtlicher Helfer: Die Flüchtlingshilfe »Welcome«.
Große Spendenbereitschaft
Die vielen Spenden, die uns erreichen, die Hilfsbereitschaft der Mitmenschen ist groß, aber die Spenden auch schnell abzuholen und weiterzugeben, ist nicht so leicht zu organisieren, weil wir erst die Wege gestalten müssen, um Schenkende und Empfangende zusammenzubringen.
Es entsteht gerade eine neue Kultur an der wir alle teilhaben. Eine neue Form, die christliche Identität lebendig zu gestalten. Aus der Gemeinde heraus gehen wir in die Begegnung mit den Flüchtlingen verschiedener Religionen.
Wir feiern Feste, bei denen Gäste und Gastgeber die Mahlzeit gemeinsam vorbereiten, damit alle mitessen können. Viele der Aktivitäten werden mit großem Engagement ehrenamtlich geleistet, so wie es dem Selbstverständnis der Kirchengemeinde und der Caritas entspricht.
Mutter Faith aus Nigeria mit Valerie und Nicki auf dem Weg zum Pappelsee
Ein Team mit vielen Aufgaben
Nach einem Treffen im März bildeten sich für die verschiedenen Themenbereiche Arbeitsgruppen, die jeweils einen Hauptansprechpartner haben, der die Gruppe koordiniert und leitet.
● Verwaltung von Sach- und Kleiderspenden
● Organisation und Durchführung der Transporte
● Sprache
● Koordination und Kooperation
● Freizeit und Begleitung
Mit »Begleitung« kann dabei die Begleitung eines Flüchtlings zum Arzt oder zu Behörden gemeint sein, dass ggfs. ein Dolmetscher gesucht wird oder dass man beim Ausfüllen von Formularen hilft. Es kann aber auch sein, dass eine Familie Sach- und Möbelspenden erhält, aber dennoch mit ihrer Wohn- und Lebenssituation überfordert ist. Denn der wahre Bedarf liegt oft eben noch tiefer: Wie funktioniert das Renovieren oder Installieren von Möbeln? Was kann ich in meiner Freizeit machen, außer Fernsehen? Wo kann ich mein Deutsch verbessern?
Ein Angebot gibt es für alle, die Spaß an kreativer Textilgestaltung haben. Dort überraschte direkt beim ersten Treffen ein syrischer Mann, der entgegen allen Klischees hervorragend häkeln konnte!
Der Bereich »Sprache« bietet einen niedrigschwelligen Sprachkurs, der sich primär an Flüchtlinge richtet, die Eltern sind.
Eine Reihe von Ehrenamtlichen koordinieren die verschiedenen Arbeitsbereiche der Flüchtlingshilfe »Welcome«, andere arbeiten mit in der Repräsentation der Flüchtlingshilfe in der Öffentlichkeit oder planen die Kooperation mit anderen Institutionen.
Jede helfende Hand ist willkommen!
Im »Orga-Team« treffen sich die für die Untergruppen Verantwortlichen regelmäßig zu Austausch und Weiterplanung, aber auch, um neue Helfer sinnvoll einzubinden.
Darüber, dass sich immer wieder Menschen finden, die sich einbringen möchten, sind wir sehr dankbar.
Auch Enes aus Albanien hatte sichtlich Spaß beim Familienfest
Es hat sich mehrfach gezeigt, dass es keine helfende Hand und kein offenes Herz »zu viel« gibt, denn je mehr die bereits vorhandenen Helfer ins »Tagesgeschäft « eintauchen, umso deutlicher wird, wie viel es zu tun gibt und dass es vieler Helfer bedarf, damit nicht Einzelne über ihre Grenzen gehen. Deshalb ist es uns sehr wichtig herauszustellen, dass wir auch weiterhin auf das Engagement der Gemeindemitglieder angewiesen sind! Mindestens genauso wichtig ist uns aber auch, immer wieder klar zu machen, dass die Basis jeder ehrenamtlichen Betätigung die Freiwilligkeit ist und jeder selbst und jederzeit entscheiden kann, wie viel er tun möchte.
Mithilfe in verschiedensten Formen
Jede Hilfe ist willkommen:
- Ob eine einmalige Sachspende, die Bereitschaft, sich vielleicht einmal pro Woche 90 Minuten lang der Vermittlung von Deutschkenntnissen zu widmen oder einfach einverstanden zu sein, ab und an für Transporte oder Möbelaufbau oder andere handwerkliche Aufgaben angerufen zu werden.
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Oder vielleicht auch »nur«, dass man die Flüchtlinge und ihre Helfer in seine Gebete mit einschließt. Momentan suchen wir beispielsweise Helfer, die Lust haben, im Miteinander mit anderen Helfern handwerkliche, Sport- oder Musikangebote zu leiten!
Popcorn und Zuckerwatte für kleine Schleckermäuler
Geben und Nehmen
Bei all dem Geben und Kümmern bekommen wir aber auch ganz viel von den Menschen zurück.
Gerne nutzen auch die Flüchtlinge selbst die Möglichkeit, mitzuhelfen um so »etwas zurückgeben « zu dürfen. Diese tiefe Dankbarkeit und das menschliche Bedürfnis, aktiv etwas tun und geben zu können, begegnen uns immer wieder und machen unter anderem deshalb für uns diese Tätigkeit so bunt und bereichernd.
Bisherige Erfolge
Bisher konnten dank des großen Engagements vieler Bürger viele Möbelspenden weiter vermittelt werden. Aber es gibt mehr zu berichten: Im April lud die Marionettentheatergruppe »KaLiBiMa« die Flüchtlinge mit der Gemeinde zur Aufführung des Stückes »Esther« ins Josef-Jeurgens-Haus ein. Der anschließende internationale Imbiss gab Möglichkeiten zum gegenseitigen Kennenlernen und Austausch, so dass darüber dauerhafte Kontakte entstehen konnten.
Den Gesamterlös in Höhe von 1.000 Euro spendete die Gruppe »KaLi-BiMa« dem Flüchtlingsfonds. Der bereits erwähnte Deutschkurs findet regelmäßig zweimal wöchentlich statt. Sehr unterschiedliche Voraussetzungen der Flüchtlinge machen es notwendig, den Kurs ihrem speziellen Bedarf anzupassen, so dass es mittlerweile mehrere ehrenamtliche Helferinnnen sind, die in kleinen Gruppen oder 1:1 unterrichten.
»Futter für die Seele«
Im September trafen sich erstmalig die Helfer zum neuen Angebot des »Reparaturcafés « im cari-treff. Und es gab auch schon erste Interessenten, unter ihnen einen älteren Mann aus Eritrea.
Als er nach nur 15 Minuten seinen alten MP3-Player wieder benutzen konnte, war er sehr glücklich. Er zeigte den Helfern seine Datei mit circa 300 Kirchenlieder aus seiner Heimat, die er nun endlich wieder hören konnte und strahlte: »I need this for my soul!« (Ichbrauche das für meine Seele).
Schöner kann man nicht ausdrücken, dass es zum Leben eben noch etwas mehr braucht als nur das reine »Versorgt-Sein«.
Gute Absprachen der Flüchtlingsinitiativen
Im Laufe des Jahres hatten viele Kamp-Lintforter begonnen, sich in der Flüchtlingshilfe in ganz unterschiedlichen Gruppen zu organisieren. Deshalb wurde der »Runde Tisch« ins Leben gerufen, an dem die ehrenamtlichen Helfer mit den beteiligten Institutionen, wie der Stadt und dem Internationalen Bund, ins Gespräch kommen können.
Hier steht im Vordergrund, die diversen Angebote vor Ort gut zu koordinieren und zu bündeln.
Dabei entstand eine enge Zusammenarbeit der Füchtlingshilfe »Welcome«, der Stadtverwaltung, dem Internationalen Bund, der Hochschule Rhein – Waal und dem Verein der Flüchtlingshilfe.
Es zeigt sich, dass es von herausragender Bedeutung ist, dass es gute Absprachen gibt, wie bereits Bestehendes mit Neuem vernetzt werden kann, ohne dass Angebote miteinander konkurrieren.
So z. B. das Angebot des cari-treffs und das Angebot der Kleiderkammer der Stadt, direkt nebenan. Dort können Flüchtlinge eine sogenannte Erstausstattung an Kleidern und Babysachen erhalten. Im Anschluss sollen die Menschen dann die Abläufe vor Ort kennnenlernen und damit auch die günstigen Möglichkeiten des Einkaufens im cari-treff nutzen lernen.
Gemeinsam feiern!
Einen vollen Erfolg stellte weiterhin das Kinder- und Familienfest am 26.09. 2015 dar, das bei schönstem Wetter alle durch den regen Zuspruch von 150–200 Besuchern sehr positiv überraschte.
In Zusammenarbeit mit der St. Bernhardus- Bruderschaft, Rossenray, der Frauengemeinschaft St. Josef, dem Familienzentrum St. Josef, der KOT- Gestfeld und der Flüchtlingshilfe »Welcome« waren Kamp-Lintforter Familien und insbesondere Flüchtlinge eingeladen.
Die Kleinen erfreuten sich am Karussell, am Sackhüpfen und Trampolinspringen, die Großen saßen bei Kaffee und Kuchen zusammen, alt eingesessen sowie neu angekommen und Sprachbarrieren wurden zum Teil mit Händen und Füßen überwunden.
Das Miteinander kann wachsen So finden wir, dass wir uns trotz sicherlich mancher vorhandenen Schwierigkeiten unserem Ziel annähern: Daran teilzuhaben und mitzuwirken, dass die Menschen, die hier neu mit uns zusammenleben wollen und werden, ein Leben in Würde und im Miteinander mit uns führen können.
Sabine Marx-Krimi, Migrationsberaterin beim Caritasverband Moers-Xanten e.V.